Qualifizierung zur InklusionsassistentIn im Kindergarten/Kindertagesstätte

- Bausteine des Qualifizierungskonzeptes -

"Wenn ich einem "behinderten" Menschen begegne,
ihn anschaue und denke, wie er denn sein könnte,
beschreibe ich mich selbst - meine Wahrnehmung
des anderen.
Ob ich die daraus entstehende Chance nutze,
mich selbst zu erkennen, steht auf einem anderen Blatt."
Georg Feuser [1]

 

Inklusion meint die selbstverständliche Teilhabe von Menschen mit Assistenzbedarf/ Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Diese Aufgabe im Kindergartenalltag umzusetzen, zu begleiten und zu fördern erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit in Theorien gefaßte Erfahrungen, mit in der Praxis bewährten Methoden und - wie Feuser oben zeigt - mit den eigenen Wahrnehmungen und Haltungen.

In vielen Bundesländern gehen Kinder mit Assistenzbedarf selbstverständlich in den Regelkindergarten [2]. Baden-Württemberg gehört zu den Bundesländern, die erst seit kurzem vorläufige Richtlinien durch den Landeswohlfahrtsverband erlassen haben, die für alle Orte gleiche Rahmenbedingungen vorgeben. Diese neue Richtlinien zur Eingliederung von Kindern mit Assistenzbedarf in den Regelkindergarten sind der Ausgangspunkt für die Entwicklung eines "Qualifizierungskonzeptes für InklusionsassistentInnen".
Bei der Konzeptentwicklung konnten wir auf die Erfahrungen aus anderen Bundesländer zurückgreifen.[3]

Die InklusionsassistentInnen sollen durch die Qualifizierung befähigt werden, im gemeinsamen Kindergartenalltag mit Kindern mit und ohne Assistenzbedarf, den institutionellen, familiären und sozialräumlichen Kontext reflektieren und analysieren zu lernen und mit den vorhandenen Ressourcen Gestaltungs- und Bewältigungswege realisieren zu können.

Im Kindergartenalltag benötigen InklusionsassistentInnen Bewältigungskompetenzen in offenen Situationen. Deshalb wird z. T. ein spezifischer Zugang über die Aneignung reflexiver Kompetenzen gewählt.

 

Die Qualifizierung setzt sich aus den drei folgenden Schwerpunktbereiche zusammen:

Schwerpunkt 1:
Theoretische Grundlagen inklusiver Pädagogik und methodische Ansätze (Praxisansätze / Methodik-Didaktik);


Schwerpunkt 2:
Praxisreflexion (fachlicher Erfahrungsaustausch: Vorstellung und Diskussion von Praxissituationen der TeilnehmerInnen sowie Auswertung von Praxisproben) und Evaluationsmethoden von Alltagssituationen im Kindergarten;


Schwerpunkt 3:
Einzel-Coaching (Individuelle Begleitung vor Ort in der Alltagpraxis des Kindergartens).

 

Die im Anschluß aufgeführten Bausteine sind mit der Absicht verfasst, die drei Ebenen von Theorie, Praxis und Reflexion nicht in vollständig unabhängig voneinander getrennte Bausteine zu fassen. Während das Einzel-Coaching den individuellen Situationen der TeilnehmerInnen Raum zur Bearbeitung vor Ort spezifischer Themen- und Problemstellungen zur Verfügung stellt, werden die Theorie- und Praxisbezüge der Schwerpunkte 1 + 2 in sinngebende Einheiten gebündelt.

Wir gehen davon aus, dass die Zielgruppe eine anwendungsorientierte Qualifizierung für die Praxis benötigt. Außerdem wird die Vermittlung der Inhalte eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis voraussetzen, damit dem Anspruchsniveau der TeilnehmerInnen Rechnung getragen wird sowie die subjektbezogenen Dimensionen im Kontext von Wirklichkeitskonstruktionen wahrgenommen werden. Mit anderen Worten: Inhalte sollten in einem Drei-Schritt - theoretische Grundlagen, Reflexion der eigenen Praxis, mögliche Praxisansätze - vermittelt werden (wobei die Reihenfolge der Schritte je nach Thema unterschiedlich angeordnet werden kann). Jeder Baustein sollte neben der Vermittlung von Theorie und Vorstellung von Praxismethoden eine Aufbereitung von Praxisaufgaben enthalten, die TeilnehmerInnen in ihrer Praxis erproben und anschließend im Rahmen der Praxisreflexion auswerten.

Eine weitere wichtige konzeptionelle Überlegung, die eine direkte Konfrontation mit den vielfältigen Sichtweisen fördert und einen Bezug zur lebendigen Praxis herstellen kann, liegt in der Einbindung von ReferentInnen wie z.B. betroffenen Eltern und Fachkräften in den Qualifizierungskurs.

Der Umfang der einzelnen Schwerpunktbereiche lässt sich anhand der Gesamtstunden (144 Stunden) in folgende Gewichtung aufteilen (Berechnung pro Person):

Schwerpunkt 1
Theoretische Grundlagen inklusiver Pädagogik und methodische Ansätze (Praxisansätze)
Schwerpunkt 2
Praxisreflexion (fachlicher Erfahrungsaustausch) und Evaluationsmethoden
Schwerpunkt 3
Einzel-Coaching (Individuelle Begleitung vor Ort in der Alltagpraxis des Kindergartens)
Theoriegrundlagen
Praxisansätze
Praxisreflexion
Evaluation
Einzelcoaching
44 Stunden
44 Stunden
32 Stunden
12 Stunden
12 Stunden

 

 

 

Der Qualifizierungskurs ist in ein Modellprojekt eingebunden, das von der Arbeitsgemeinschaft Integration Reutlingen e.V. getragen, und von der Evang. Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg wissenschaftlich begleitet wird.

 

Finanziert wird das Projekt über folgende Organisationen:

  • Aktion Mensch / Praxisprojekt: Beratungs- und Assistenzdienst
  • Landesjugendamt (Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern) / wissenschaftliche Begleitung des Praxisprojekts
  • Europäischen Sozialfond (ESF-Mittel) / Qualifizierungsmaßnahme

Der Qualifizierungskurs wird in Kooperation mit der VHS Reutlingen durchgeführt.

Jo Jerg unter Mitarbeit von Uta Hagemann
Inklusionsprojekt im Kindergarten
Institut für angewandte Forschung
Evangelische Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg
Ringelbachstraße 221
72762 Reutlingen
Tel.07121/2414-33
Fax:07121/2414-29
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Fussnoten:

[1] Georg Feuser: 11. Österr. Integrationssymposion Innsbruck 1998 - zitiert aus Kerschbaumer

[2] Vgl. 4. Bericht der Bundesregierung 1998: Die Lage der Behinderten und die Entwicklung der Rehabilitation"

[3] Saarland: Fachkraft für Integrationspädagogik in Kindergärten, Horten und Heimen; Veranstalter: Landesjugendamt Saarland, Universität Saarland, Miteinander Leben Lernen Stadtverband Saarbrükken und
Berlin: Zusatzqualifizierung für ErzieherInnen für die Arbeit in Einrichtungen mit Integrationsgruppen; Pädagogische Initiative für kindliche Entwicklung (Pike) Berlin